FSME: Viele sind geimpft – aber nicht richtig

10.04.2018 | Medizin


Mit einer Durchimpfungsrate von 82 Prozent ist Österreich bei der FSME-Impfung Weltmeister. Trotzdem ist die Zahl der FSME- Erkrankungen 2017 im Vergleich zu den Vorjahren leicht angestiegen. Der Grund: Viele sind nicht richtig geimpft.

Christina Schaar

Um die Bevölkerung über die Gefahren einer FSME-Infektion und die Impfung zu informieren und aufzuklären, startete auch heuer wieder eine Kampagne zur Impfaufklärung. „Wir raten allen Personen, die sich in Österreich aufhalten, rechtzeitig zur Impfung beziehungsweise Auffrischung zu gehen, denn nur so erreicht man einen fast 100-prozentigen Schutz“, betonte Christiane Körner vom Verein zur Förderung der Impfaufklärung im Rahmen einer Pressekonferenz Ende März in Wien.

Laut Statistik liegt aktuell die Durchimpfungsrate bei 82 Prozent; das bedeutet: 82 Prozent aller Österreicher haben sich irgendwann einmal impfen lassen, allerdings sind nur 62 Prozent nach korrektem Impfschema geimpft. „38 Prozent sind zwar geimpft. Sie haben jedoch keinen ausreichenden Schutz, weil sie sich nicht an die korrekten Impfintervalle gehalten haben“, betont der Leiter des Referats für Impfangelegenheiten in der ÖÄK, Rudolf Schmitzberger. Und weiter: „Bedauerlicherweise waren im Jahr 2017 besonders viele Kinder betroffen.“ So waren nur 40 Prozent der unter Drei-Jährigen geimpft. Von den unter 15-Jährigen mussten 20 wegen einer FSME- Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden; weitere vier Kinder unter sechs Jahren erkrankten an einer Meningoenzephalitis.

Demnach konnten – laut den vorliegenden Daten – im Zeitraum von 2000 bis 2011 durch die Impfung schätzungsweise 4.000 FSME-Erkrankungen und 30 Todesfälle verhindert werden. Umgelegt auf den Zeitraum von 1972 bis 2011 waren es in Österreich sogar 8.493 FSME-Fälle. Durch die Verfügbarkeit des FSME-Impfstoffes verringerte sich das Risiko für eine Erkrankung von 5,7 Fällen auf 0,9 Fälle pro 100.000 Einwohner. Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe in der Republik Tschechien – von den natürlichen Begebenheiten für Zecken mit Österreich vergleichbar – lässt sich seit 1990 ein steigendes Erkrankungsrisiko erkennen mit einer viel niedrigeren Durchimpfungsrate von weniger als 20 Prozent. So ist es im Jahr 2017 in Österreich wieder zu einem leichten Anstieg an FSME-Erkrankungen gekommen: Von den 123 in Österreich gemeldeten FSME-Erkrankungen haben sich 116 in Österreich infiziert und mussten deswegen hospitalisiert werden. 54 Prozent davon waren über 50 Jahre alt.

Erkrankungsverlauf

Nach einer durchschnittlichen Inkubationszeit von einer Woche kommt es zu einer ersten Phase mit „Symptomen, die einer Sommergrippe ähneln“, erklärt Univ. Prof. Ursula Kunze vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien. Nach etwa einer weiteren Woche kommt es zur zweiten Phase mit Fieber und dem Befall des ZNS. Je nachdem, welche Teile befallen sind, kann es zu unterschiedlichen Krankheitsverläufen kommen: Meningoenzephalitis, Rückenmarks-, Nerven- und Nervenwurzelentzündungen. Die Betroffenen leiden oft an den Dauerfolgen der Erkrankung: Sie haben Schwierigkeiten, ihrer Arbeit nachzugehen, leiden unter Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall, Müdigkeit oder Depressionen.

Zecken-„Frostschutz“

Von den weltweit mehr als 800 verschiedenen Zeckenarten sind in Österreich derzeit 18 Arten bekannt. „Unter den heimischen Sorten ist der Holzbock die häufigste“, erklärte Priv. Doz. Georg Duscher vom Institut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Überträger sind nicht nur die adulten Weibchen und Männchen, sondern auch die Larven und Nymphen, wobei diese am gefährlichsten sind. Mit einer Größe von nur einem Millimeter sind sie nicht nur kaum zu sehen, sondern sie können auch ungestört stechen. Der klassische Aufenthaltsort der Zecke sind Grashalme, Wiesen, Büsche und Sträucher – Zecken fallen nicht von den Bäumen. Bei einem Zeckenstich (es handelt sich dabei nicht um einen Biss) ritzt die Zecke mit ihren Mundwerkzeugen ein kleines Loch in die Haut und sticht dann mit dem Rüssel ein. Dieser wird als Widerhaken verankert, eine Substanz hinzugefügt und in die Wunde hineingeklebt. Um ein ungestörtes, mehrtägiges Saugen am Wirten zu ermöglichen, kommen zur Betäubung der Einstichstelle Schmerzmittel und Gerinnungsmittel hinzu. Zecken haben eine Art Frostschutz: Mit einem Lebenszyklus von fünf bis sechs Jahren überleben sie in der Kälte. Bei einem milden Winter kann die Zecke unter günstigeren Bedingungen sozusagen „zum Leben erweckt werden“.

Impfschema

Die Grundimmunisierung besteht aus drei Teilimpfungen: Drei Monate nach der ersten Impfung folgt die zweite Teilimpfung; ein Jahr darauf die dritte Teilimpfung. Ist diese Grundimmunisierung erfolgt, sollte alle fünf Jahre eine Auffrischung durchgeführt werden. Ab dem 60. Lebensjahr wird alle drei Jahre eine Auffrischung empfohlen. Diese Impfempfehlung gilt laut den Experten übrigens für ganz Österreich, da es kein Gebiet gibt, das zeckenfrei ist. Noch bis 31. Juli 2018 läuft die diesjährige Impfaktion. In dieser Zeit ist der Impfstoff um 15 Euro günstiger als sonst in den Apotheken erhältlich, wobei die Gebietskrankenkassen einen Zuschuss von vier Euro gewähren.


Wer sich impfen lassen sollte

• Alle, die bisher nicht geimpft sind;
• Alle, die im Vorjahr die erste oder zweite Teilimpfung erhalten haben;
• Alle, die 2015 die dritte Teilimpfung erhalten haben;
• Alle unter 60-Jährigen, die zuletzt 2013 geimpft wurden oder
• Alle über 60-Jährigen, die zuletzt 2015 geimpft wurden. (Bei Älteren ist alle drei Jahre eine Auffrischung erforderlich).

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2018